DRK fordert mehr Anstrengungen beim Bevölkerungsschutz
Ein wirksamer Bevölkerungsschutz steht und fällt mit der Qualität der Infrastruktur und dem Engagement der Menschen. Darauf weist der DRK-Landesverband Baden-Württemberg anlässlich der steigenden Impfrate und der wieder optimistischen Grundstimmung hin. Die sowohl in Baden-Württemberg also auch bundesweit größte Hilfsorganisation dankt der Landesregierung für eine gute und partnerschaftliche Zusammenarbeit – gerade in der Pandemiebekämpfung, aber auch darüber hinaus. Zugleich fordert das DRK für die neue Legislaturperiode eine Stärkung des Bevölkerungsschutzes, um auf zukünftige Herausforderungen zielgerichteter und effizienter reagieren zu können. Dazu gehöre sowohl eine Verbesserung der Struktur als auch die Finanzierung des Bevölkerungsschutzes.
„Unsere stabile und vertrauensvolle Partnerschaft mit der Landesregierung hat sich in den vergangenen 15 Monaten der Pandemie bewährt und hat einen enormen Stresstest bestanden“, so Barbara Bosch, Präsidentin des DRK-Landesverbands Baden-Württemberg am 26. Mai. Im vergangenen Jahr wurden gemeinsam überall im Land unzählige Hilfs- und Unterstützungsangebote geschaffen und umgesetzt. Die Versorgung der Bevölkerung mit Test- und Impfzentren wäre ohne diese Zusammenarbeit von Land und DRK nicht vorstellbar. Eindrückliches Beispiel war die gemeinsame Schnelltestaktion vor Weihnachten, als an zwei Tagen 50.000 Menschen in Baden-Württemberg auf Covid19 getestet wurden: zur Verfügung gestellt von der Landesregierung, durchgeführt zumeist vom DRK an rund 120 Standorten im Lande.
Zugleich gelte es, Lehren aus den gemachten Erfahrungen zu ziehen, so Bosch: „Die Pandemie bestätigt unsere langjährige Forderung eindrucksvoll: Für Krisen- und Katastrophensituationen ist eine systematische Vorhaltung von zuverlässig einsatzfähigen Ressourcen unverzichtbar“. Diese Vorhaltung sei insbesondere für eine effiziente und zuverlässige Logistik zur Unterstützung der systemrelevanten Aufgaben im Krisenfall unerlässlich. „Das DRK steht mit seiner Kompetenz und bereits vorhandenen Infrastruktur als Partner des Landes für eine entsprechende Planung zur Verfügung.“ Schon die Flüchtlingssituation 2015 als auch die aktuelle Coronapandemie haben dies deutlich gemacht. Hier kann eine Partnerschaft des Landes mit dem DRK-Logistikzentrum Kirchheim/Teck einen signifikanten Mehrwert schaffen.
Aufgrund einer bislang jedoch völlig unzureichenden Finanzierung des Katastrophenschutzes sehe die Hilfsorganisation auf Dauer dessen zuverlässige Funktionsfähigkeit und damit die Sicherheit der Menschen im Lande gefährdet, so Präsidentin Barbara Bosch. „Wenn über Jahrzehnte die Unterbringung und der Unterhalt der Fahrzeuge nicht ausreichend finanziert werden, dann schadet dies der Einsatzfähigkeit – das können wir als Hilfsorganisation nicht weiterhin mit Spendenmitteln auffangen“, so Bosch. Auch die stetig steigenden behördlichen Anforderungen an die Verwaltungsaufgaben und Ausbildungsstrukturen verursachen einen Mehraufwand, der bislang nicht berücksichtigt ist. Die Anpassung des Landeskatastrophenschutzgesetzes zum Ende des vergangenen Jahres mit einer seit Jahren vom DRK geforderten Gleichstellung seiner Helferinnen und Helfer gegenüber denen anderer Organisationen in außergewöhnlichen Einsatzlagen begrüßte die Präsidentin als erfreulichen Schritt in die richtige Richtung.
„Unsere an sich vorbildlichen Einsatzstrukturen müssen gestärkt und endlich komplett durch das Land finanziert werden“, so der Landesdirektor der Bereitschaften, Jürgen Wiesbeck. Das Rote Kreuz stelle qualifizierte Einsatzkräfte, die sich ehrenamtlich für den Bevölkerungsschutz engagieren. Deren Motivation lasse sich nicht nur durch lobende Worte, sondern auch durch eine intakte Infrastruktur fördern. Also dann, wenn die öffentliche Hand die Kosten für Material und Fahrzeuge, deren Unterbringung samt Betriebskosten sowie die Kosten der Ausbildung der Helferinnen und Helfer auskömmlich finanziert.
Die von der neuen Landesregierung angekündigte Überarbeitung des Landeskatastrophenschutzgesetzes wecke Hoffnung auf Besserung, so Wiesbeck. Jedoch müsse den eher vagen Ankündigungen konkrete Schritte folgen. Auch gelte es, die Potenziale der Digitalisierung auch für den Bevölkerungsschutz nicht zu vernachlässigen. Sowohl hinsichtlich des konkreten Einsatzfalls aber auch im Hinblick auf die Aus- und Fortbildung oder der Lagedarstellung dürfen Chancen nicht ungenutzt bleiben. Hier sind Förderprogramme und Investitionen erforderlich.
Im DRK-Landesverband Baden-Württemberg engagieren sich mehr als 45.000 ehrenamtlich Aktive. Davon stellen 5.500 Einsatzkräfte in 102 der 120 vom Lande aufgestellten Einsatzeinheiten das unverzichtbare Rückgrat des Bevölkerungsschutzes. Im Zuge der Pandemie-Bekämpfung war das DRK in allen Landkreisen und an hunderten Standorten mit seinen ehren- und hauptamtlichen Helferinnen und Helfern im Einsatz: Mit bis zu 1.000 zusätzlichen Einsatzkräften täglich wurden unzählige Hilfs- und Unterstützungsangebote ermöglicht. Dazu gehören oder gehörten fast 200 mobile Testteams, über 120 Teststellen bzw. Fiberambulanzen, Beteiligungen an 39 Kreisimpfzentren und fünf zentralen Impfzentren. Hinzu kamen Lebensmitteldienste und Einkaufshilfen, Fahrdienste, Nachbarschaftshilfen und andere Angebote. Im Logistikzentrum des DRK-Landesverbands Baden-Württemberg hat die Hilfsorganisation im Laufe des vergangenen Jahres millionenfach Material umgeschlagen und ausgeliefert. Dazu gehörten mehr als acht Millionen Masken, je eine Million FFP2-Masken und Handschuhe, 900 Paletten Schutzanzüge und 320 Tonnen Spendenware. Das Logistikzentrum verfügt seit den 60er Jahren auch außerhalb der Pandemiebekämpfung über Material und Fahrzeuge für verschiedenste Einsatzlagen – unter anderem auch für die Organisation von internationalen Hilfslieferungen wie jüngst in das Erdbebengebiet nach Kroatien.