DRK bereitet Menschen mit Hörbehinderung auf Notfälle vor
Premiere: Erstmals bietet das DRK Biberach einen Erste-Hilfe-Kurs in Gebärdensprache an.
Wenn sich ein Notfall ereignet, ist sofortige Hilfe entscheidend. Auch Menschen mit Hörbehinderung können in eine plötzliche Notsituation kommen, entweder als Ersthelfer oder Betroffener. Damit auch sie auf den möglichen Ernstfall vorbereitet sind, hat das DRK Biberach in Kooperation mit dem Landratsamt Biberach erstmals einen Erste-Hilfe-Kurs in Gebärdensprache angeboten. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen lernten an einem Vormittag alles rund um Notruf, Verbände, Bewusstlosigkeit und Reanimation.
„Ich bin ein bisschen nervös“, sagte Ausbilderin Isabella Jägg. Eigentlich müsste sie das gar nicht sein, weil sie seit sieben Jahren beim DRK-Kreisverband Biberach Erste-Hilfe-Kurse gibt und demnach äußerst erfahren ist. Doch der Kurs für Menschen mit Hörbehinderung war auch für sie eine komplett neue Erfahrung: „Mein Ziel ist, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach unserem gemeinsamen Vormittag mehr Sicherheit in der Ersten Hilfe haben. Jeder kann ein Lebensretter sein, egal ob mit oder ohne Handicap.“ Die meisten Notfälle spielen sich übrigens im häuslichen Umfeld ab, weshalb Ersthelfer dann häufig Familienangehörige oder Freunde versorgen.
Für eine reibungslose Kommunikation begleiteten gleich zwei Gebärdensprachdolmetscherinnen den Kurs, um sich gegenseitig abwechseln und unterstützen zu können. Zudem sprach Isabella Jägg lauter und deutlicher als gewöhnlich, weil mancher Teilnehmende schwerer hörte oder von den Lippen ablas. Immer wieder nahm sich die Ausbilderin Zeit für Nachfragen, damit auch wirklich jede und jeder mitkam. Praktische Übungen wie das Anlegen eines Druckverbands, die stabile Seitenlage oder die Reanimation machten den Kurs abwechslungsreich. Dank vieler Anschauungsmaterialen brauchte es manchmal auch nicht viele Worte.
Intensiv ging die Ausbilderin auf die „nora Notruf-App“ ein. Die offizielle Notruf-App der Bundesländer kann besonders für Menschen hilfreich sein, die aufgrund einer Sprach- oder Hörbehinderung nicht oder nicht gut telefonieren können. Die Anwendung „nora“ ist so aufgebaut, dass Nutzer auch mit geringen Sprachkenntnissen und ganz ohne zu sprechen einen Notruf mit den wichtigsten Informationen absetzen können. Dabei helfen Symbole, klare Texte und eine intuitive Nutzerführung. „Zudem kann mit der Einsatzleitstelle gechattet werden, ähnlich wie in WhatsApp“, erläuterte Isabella Jägg. „Mit dieser Funktion kann die Leitstelle auch Menschen mit Hörbehinderung bei der Ersten Hilfe unterstützen.“
Das DRK Biberach bietet Erste-Hilfe-Kurse für unterschiedliche Zielgruppen an. „Im Austausch mit dem Landratsamt haben wir festgestellt, dass ein Angebot für Menschen mit Hörbehinderung bislang gefehlt hat“, sagte Manfred Rommel, Kreisausbildungsleiter beim DRK Biberach. „Wir bieten so viele Erste-Hilfe-Kurse an, warum also nicht auch für Menschen mit Hörbehinderung?“ Gemeinsam mit Daniela Glaser, der Kommunalen Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderung beim Landratsamt Biberach, ergriff er die Initiative. Sie war gleich mit an Bord: „Jeder kann unerwartet zum Ersthelfer werden und sollte deshalb möglichst barrierefrei einen Erste-Hilfe-Kurs besuchen können.“
Dass diese Initiative offenbar dringend notwendig war, machte ein Teilnehmer deutlich. Laut seinen Schilderungen hat er ein paar Sachen bereits gewusst, vieles aber nicht. Gerade den Hinweis auf die „nora Notruf-App“ empfand er als besonders hilfreich, weil er ja nicht einfach die 112 anrufen könne. Damit hat Isabella Jägg ihr persönliches Ziel für diesen Tag erreicht. Sollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in eine Notsituation kommen, wissen sie nun, was zu tun.
Hinweis:
Das DRK Biberach bietet regelmäßig Erste-Hilfe-Kurse an, darunter auch spezielle Kurse für Notfälle mit Kindern und Senioren.